NEU: Die schwedische Halbinsel der Zugvögel

Falsterbo

Donnerstag, 28. Oktober 2021

Rügen: Von Lauterbach nach Altefähr

Rügen V: Die Südwestküste

Lauterbach besteht aus einigen weißen Hotels und einer Mole, also einem kleinen Hafen mit Stegen, an denen Segelschiffe liegen. Solche Dinger gibt es öfter auf Rügen und die Mole wäre mir vermutlich nicht groß aufgefallen - wäre nicht der Bahnhof Lauterbach Mole nach ihr benannt worden. Dann scheint die doch ziemlich wichtig zu sein. Zumal Lauterbach eh keinen anderen Bahnhof hat.

Lauterbach nicht nur ein SPD-Politiker, sondern auch ein Vorort der Stadt Putbus. Die nächste Straße führt geradewegs nach Putbus rein. Neben die Straße wurden ein Radweg und ein rotes Haus gebaut. Beim Haus haben die Bauarbeiter wahrscheinlich den Plan falschherum gehalten, aber der Radweg ist in Ordnung.

Putbus ist die Kulturstadt Rügens, hier steht das einzige Theater der Insel. Das Herz der Stadt ist ein Platz namens Cirkus, der von weißen Gebäuden umringt wird. Ähnlichkeit mit einem Zirkus hat das Ding jetzt nicht (weder mit einem römischen Amphiteater noch mit einem Zirkus im Zelt). Der Platz ist so besonders, weil er extrem rund und groß ist und die Bäume alle ordentlich in Reih und Glied um eine weiße Säule gepflanzt wurden - es handelt sich um den "letzten einheitlich ausgeführten Rondellplatz Deutschlands".  Das ist natürlich Grund genug, um diesen Platz so einen Zirkus zu machen.
Auch der Rest von Putbus besteht aus weißen klassizistischen Palästen und grünen Bäumen.

Der große Putbusser Park bietet folgende Freizeitaktivitäten: Sich gründlich verfahren und das  Spielzeugmuseum besuchen. Dort habe ich mir vor Jahren mal historische Puppen und eine pädagisch wertvolle Puppen-Guillotine mit Puppenblut ansehen. Mittlerweile soll das Museum ziemlich heruntergekommen sein, habe ich gehört.

Wer einen Abstecher zur Mitte der Insel machen will, hat es von hier aus den kürzesten Weg. Deshalb verbindet ein Radweg Putbus mit der Inselhauptstadt Bergen.
Auf dem Weg liegt das Restaurant Nautilus, das aufwändig im Stil eines U-Boots gestaltet ist, mit richtig vielen dicken Stahlplatten und Plastikfischen hinter Glasscheiben.

Bergen sieht nicht hässlich, aber auch nicht allzu interessant aus: Eine Klosterkirche aus Backstein, rundherum klassizistische Häuser und in den Außenbezirken hellgrüne Wohnblocks. Sie enthalten Mietwohnungen und exakt eine Ferienwohnung im Erdgeschoss. Das weiß ich, weil ich dort mal mit meiner Oma im Urlaub war.

Kein Meer, kein interessantes Stadtbild, wieso sollten dann überhaupt Urlauber die Inselhauptstadt besuchen? Zu diesem Zweck hat Bergen andere Attraktionen: einen Kletterwald, eine wirklich witzige Sommerrodelbahn und einen Aussichtsturm. Die Sommerrodelbahn hat eine automatische Fotoanlage, wie man sie meistens bei Achterbahnen findet. Wie bei jeder Sommerrodelbahn wird man ständig von irgendwelchen Schildern zum Bremsen aufgefordert. Mein Bruder hat sich damals konsequent daran gehalten, mit dem Ergebnis, dass er zu langsam für die Kamera wurde und sein Bild ein leeres Gleis zeigte.

Der Ernst-Moritz-Arndt-Turm wurde 1869 als Gedenkstätte zum 100. Geburtstag des nicht ganz unumstrittenen Schriftstellers gebaut, der ursprünglich von der Insel kommt. Die Kuppel sieht einem Leuchtturm zum verwechseln ähnlich, aber das einzige, was hier leuchtet, ist das gelegentliche Blitzlicht von Fotoapparaten. Der Turm steht auf einem Hügel und bietet deshalb eine ganz ordentliche Aussicht, auch wenn er nur drei Stockwerke hat. In gewisser Weise ist der Turm der Mittelpunkt Rügens.

Wer Bergen rechts liegen lässt, bricht stattdessen zur letzten Etappe auf. Hinter Putbus zeigt der Rügenradweg noch einmal ein ganz anderes Gesicht.

Die Bundesstraße führt einfach einigermaßen geradlinig durch die größeren Dörfer. Der sogenannte Radweg hingegen irrt im Zickzack von Norden nach Süden und wieder zurück und kreuzt dabei mehrmals die Straße. Ich habe ein paarmal überlegt, einfach auf der Straße zu fahren, habe mich dann aber dagegen entschieden.

Die Südwest-Ruganer wollten die Radfahrer ganz offensichtlich nicht auf der Straße haben, aber Geld für Radwege wollten sie aus keins ausgeben. Also hatten sie folgende geniale Idee: Schicken wir die Radler doch einfach auf irgendwelche Wege, die in der Wildnis sowieso vorhanden sind, auf dass sie für immer im Wald verschwinden. Da werden schon irgendwelche Wege sein, ein bisschen Sand, Wurzeln, Erde oder auch mal ein schön rumpelnder Plattenweg - das reicht doch. Am besten ist diese Route doppelt so lang wie die Straße, dann bleiben die Touristen doppelt so lange und geben mehr Geld aus.
Damit das funktioniert und die Radler auf diese Wildwege gelangen, mussten diese cleveren Burschen natürlich funkelnagelneue Wegweiser aufstellen, also zumindest anfangs. Mittendrin hören die dann auf. Selbstverständlich bin ich jedes Mal darauf reingefallen.

In der Mitte dieser Strecke liegt das verschlafene Städtchen Garz, das diese Wegführungstechnik perfektioniert hat. Die Radler werden selbst in unmittelbarer Nähe vom Ortszentrum auf Trampelpfade in der Wildnis verbannt. Das muss man auch erstmal hinkriegen. (Es ist allerdings sehr hilfreich, wenn die Stadt von vorneherein ein kleines Kaff wie Garz ist.)

So habe ich unter anderem den alten Burgwall umrundet. Darin verbirgt sich ein Museum über den Schriftsteller Ernst Moritz Arndt. Südwest-Rügen verdankt Herrn Arndt eine Menge, denn ohne ihn gäbe es quasi gar keine Sehenswürdigkeiten. Den Arndt-Turm in Bergen hatten wir ja auch schon.

Im nächsten Dorf, Groß Schoritz, steht das Geburtshaus des Schriftstellers.

Hier führt eine Allee mit Radweg auf die Halbinsel Zudar (hinten links), wo eine Fähre zum Festland verkehrt - quasi die Hintertür zur Insel Rügen. Das ist auch so ziemlich die einzige Stelle, wo auf dieser Etappe das Meer zu sehen ist (auch hinten links). Wer jedoch genervt von der Insel fliehen will, sollte sich das noch einmal überlegen, denn jetzt werden die Wege wieder besser. Also, teilweise.

Mit solch einem Weg macht es doch schon mehr Spaß, durch die Felder und Alleen zu gurken.

Aber meistens bleibt es bei den üblichen Trampelpfaden. Die meisten davon sind an sich gar nicht so schlecht zu fahren und für ein paar Kilometer wäre das kein Problem, aber wenn fast die ganze Etappe so aussieht, wird es halt irgendwann nervig. Besprüht wurden die Kieswege mit obskuren Zahlen und Symbolen. Falls das eine Schnitzeljagd oder ein Rätsel ist, konnte ich es nicht lösen.
Zugegeben, die grünen Wiesen, Alleen, Hohlwege und Täler entlang dieser Strecke waren durchaus schön anzusehen. Aber ob das die langen Umwege rechtfertigt? Wäre der Weg besser ausgebaut, würde ich ja sagen, aber so bin ich mir nicht sicher, ob die Straße nicht doch die bessere Wahl wäre.

Kurz vor Altefähr taten mir diese wilden Wege dann noch den Gefallen und schenkten mir zwei Kilometer am Wasser. Diese waren mit Rastplätzen ausgestattet, wo ich im Sonnenuntergang Abendbrot gegessen habe.

Auch wenn sich einiges getan hat und einige Abschnitte einfach toll sind, ist die komplette Rügenrunde immer noch nicht familienfreundlich und ausreichend ausgebaut. Zwei Stellen machen Probleme: Erstens fehlt ein Radweg an der Straße nach Trent. Wenn außerdem noch mehr als die Hälfe des Weges zwischen Putbus und Altefähr vernünftig ausgebaut wäre, ginge der Rundweg echt in Ordnung. Abenteuerlich wäre er durch die verschiedenen Landschaften und Steigungen ja immer noch.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen