Was für ein passender Einstieg: Ein Bahnradweg brachte mich rein nach Nyborg, vom Wald in die Gassen der Vorstadt...
Es war eine Residenz des Königs, aber gut, das gilt gefühlt für jedes zweite Schloss Dänemarks. Doch in dieser speziellen Residenz versammelte er 200 Jahre lang an bestimmten Tagen den Danehof, das mittelalterliche Parlament. Nyborg ist quasi das Worms von Dänemark. Das wichtigste Treffen war 1282, denn hier unterschrieben die Adligen das erste Grundgesetz des Landes. Es ist nicht mehr dieselbe Verfassung wie heute, die wechselte in den Jahrhunderten zusammen mit den Formen der Monarchie öfter mal durch. Aber dass man grundsätzlich erstmal eine braucht, war in Dänemark schon viel länger klar als in Deutschland. Es ist zum Beispiel das einzige Land Europas, das im Absolutismus eine Verfassung hatte (wobei da auch nur drinstand "Wir sind eine absolute Monarchie.")
Solange man nicht in die Fußgängerzone abbiegen möchte, ist Nyborg eine super Fahrradstadt voller Kreisverkehre.
Hinter dem letzten befindet sich dann ein unscheinbares weißes Bahnhofsgebäude. Die Züge starten eine Etage höher. Ich hatte noch nichts gebucht, denn ich wusste nicht, wann genau ich hier ankommen würde. Also fragte ich einfach mal den Automaten und - Glück gehabt, im nächsten Zug war trotz der Sommersaison noch was frei. Alle halbe Stunde düst hier ein Zug los, und Radreisende aus aller Herren Länder warten am Bahnsteig, um eine Station mitzufahren. Anders kommen sie an dieser Stelle nicht weiter.
Die Storebæltsbroen war 1998 das erste richtig krasse Brückenprojekt Dänemarks, noch vor der Öresundbrücke oder dem Fehmarnbelttunnel. Es ist noch gar nicht so lange her, da konnten die Dänen ihre Hauptstadt nur per Schiff erreichen! Doch so begabt die Dänen auch im Brückenbauen sind, leider ist es kein Projekt ohne Makel: An einem sehr frühen Morgen 2019 drückte der starke Wind den Container auf einem Güterwaggon aus der Verankerung. Schief ragte er aufs Nachbargleis und schnitt die obere Hälfte von einem Personenzug ab. Der Lokführer überlebte das sogar, weil er in der Dunkelheit Funken sah und sich rechtzeitig wegduckte. Einige Menschen im ersten Wagen taten das leider nicht. Danach wurde die Windgeschwindigkeit runtergesetzt, ab der die Brücke gesperrt wird.
Und die Bahn? Verschwindet, wupp, in der Finsternis.
Trotzig ragt mitten in der Storebæltsbrücke ein grüner Hügel mit einem Leuchtturm obendrauf auf, als würden er versuchen, mit den gewaltigen Pylonen hinter sich mitzuhalten. Das ist
Insel Nr. 15: Sprogø
Hier trennen sich Zug und Straße. Die Autobahn steuert die viertlängst Hängebrücke der Welt (und die längste komplett in Europa) hinauf, damit Schiffe untendurch passen.
Am Fehmarnbelt wurde ja lange gestritten, ob Tunnel oder Brücke günstiger sind. Und hier kam man zu dem Schluss, dass beides gleichzeitig die günstigste Lösung ist? Hätte ich nie erwartet, aber gut, die werden sich ja was dabei gedacht haben.
Nach 11 Minuten (hätte ruhig etwas mehr sein können, ich hatte kaum Zeit, um mein Handy zu laden) stieg ich auch schon in Korsør aus.
Rund um den Fjord von Korsør wird es maritim und militärisch. Außen liegen Kriegsschiffe, weiter drinnen eine ältere Festung.
Wupp, und schon war ich auf
(Noch einmal Insel Nr. 3: Sjælland)
Der Zug raste über die grüne Halbinsel Halsskov Odde.
Und Korsør gibt sich alle Mühe, um Nyborg als Fahrradstadt noch zu übertrumpfen: Gleich drei Radwege in die Stadt bieten sich mir an. Ein direkter an der Straße, eine Bahntrasse in der Mitte...
...und ein nicht so direkter an küstennahen Straßen. Ich überquerte die Autobahn, die frisch von der Brücke runterkam, und sah eine Fähre trotzig neben den Pylonen aufragen, als hoffe sie immer noch darauf gebraucht zu werden (wird sie aber nicht).
Auf meiner Seite ragt aber nur ein kleiner, sehr untypischer Leuchtturm aus roten Metallstäben auf. Was an dem untypisch sein soll?
Erstens sein Name: Koen - die Kuh. (Der Turm gegenüber hieß Tyren - der Bulle.)
Zweitens sein Erbauer: Die Dänische Staatsbahn. Normalerweise sind Bahnunternehmen nicht gerade für ihre Leuchttürme bekannt. Aber bevor es die Brücke gab, wollte die Bahn sicher gehen, dass ihre Züge im Bauch der Eisenbahnfähren sicher ans andere Ufer kommen. Als nach dem Brückenbau der überflüssige Turm im Meer abgerissen wurde, haben ihn die nostalgischen Korsører in ihrer Stadt aufgestellt.
Die Stadt ist größer als gedacht, eigentlich wirkt sie kaum kleiner als Nyborg, aber nicht ganz so eindrucksvoll. Nee, auch nicht mit einem riesigen Schwimmring auf dem Markt - ist das ein Sandkasten ohne Sand?
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