Ich verließ Avnø diesmal ordnungsgemäß über die Straße und hatte keinen weiteren Kontakt mit Kühen, dafür aber kurz darauf mit Truthähnen. Die waren bei Weitem nicht so aufdringlich und lebten auf einem einsamen Bauernhof, an dem ich auf einem Kiesweg vorbeikurvte, bis ich endlich wieder an der Straße rauskam.
Zu Atterdags Zeit war Vordingborg der Sitz der dänischen Könige (und damit logischerweise die größte der ganzen Königsburgen). Der olle Steinhaufen, echt?
Die Ruine gehört zum Typ Ein Turm zum Besteigen und ein paar verfallene Mauern. Aber die historische Bedeutung reicht aus, damit sich Danmarks Borgcenter darin befindet, in dem eine Spezies mit kollektivem Bewusstsein die Assimilierung Dänemarks plant. Und damit sich der Ostseeradweg in einem Umweg einmal um die ganze Burginsel windet.
Nein, Moment, da sind zwei Brücken, alt und neu. Ein eindrucksvoller Anblick, obwohl alles so weit weg ist, dass ich in meinen Augen doch gern eine Zoomfunktion hätte. Schon 2025 soll die neue Brücke fertig sein, versprach ein Poster. Ob die das auch auch wegen des Fehmarnbelttunnels bauen? Hm, eher nicht, die meisten aus dem Tunnel kommenden werden doch eh die Autobahnbrücke benutzen.
Nein, die bauen die wahrscheinlich nur neu, weil die alte Storstrømmenbrücke richtig, richtig oll ist. Das hier ist nicht nur die längste Brücke Dänemarks, die ich mit dem Rad (nicht mit dem Zug) befahren darf, sondern auch die heruntergekommenste. Alles rostet und bröckelt vor sich hin. Der Beton unter dem Geländer sieht völlig angeknabbert aus, an manchen Stellen ist fast alles weg, nur noch eine kleine Schicht stützt die Metallstäbe.
Mööp, durch die neue Brücke und andere Baustellen war ein Stück gesperrt, und so bekam ich doch noch ein unauffälliges Dorf zu Gesicht. Aber dann konnte ich durchsausen.
Um den Guldborgsund zieht sich ein lokaler Radrundweg namens Sundruten, der mir auch schon in einem Reiseführer empfohlen wurde. Und damit noch ein bisschen mehr Insel-Abwechslung aufkommt, habe ich mich für die Lolland-Hälfte statt die Falster-Hälfte des Rundwegs entschieden. Ob das eine gute Wahl war?
So. Jetzt könnte ich dem dänischen Ostseeradweg an der Südküste Seelands noch 22 Kilometer folgen und käme dann in Kalvehave raus. Aber was dann? Von dort lässt es sich nur schlecht abreisen, und nochmal dieselbe Strecke über Møn wie 2019 muss ich jetzt auch nicht unbedingt fahren, dann lieber etwas Neues.
Es gibt ja noch die Ausweichroute Vordingborg (für den Fall, dass die Bogø-Fähre nicht fährt oder man nicht nach Møn will). Dazu muss ich erstmal eine kurze Brücke mit Straßen, Schienen und Radweg finden, die eine Etage über den anderen Straßen verläuft. Sie brachte mich über eine kleine Meerenge auf
Insel Nr. 16: Masnedø
Wieder so eine Insel als Brückenstütze? Ja, aber eine, die mich maßlos verwirrt hat. Die Straße zur nächsten Brücke war gesperrt, und Baustellenschilder wiesen mich hierhin und dorthin. Auf dem hügeligen Eiland liegen Industriegebäude, und hinten ragt eine Festung auf, die in alten Zeiten die Passage über den Storstrømmen überwachen sollte.
Dann sah ich es. Der große Damm, auf dem eigentlich die Straße verlaufen sollte, endete in einer Brücke. Das heißt, anfangs war es noch eine Brücke, aber irgendwann standen nur noch Pfosten im Wasser, und Kräne, die Stück für Stück Dinge an diesen Pfosten befestigten.
Nee, ne? Sag jetzt nicht, die Brücke wird neu gebaut und ist gesperrt. Dann muss es doch irgendeine Fähre oder einen Ersatz geben, irgendwie muss man hier doch rüber an dieser wichtigen Stelle... obwohl, stimmt ja, ganz in der Nähe ist ja noch die Autobahnbrücke. Das wäre ja ein Ersatz. Auf den ich halt nur nicht rauf darf. Mist. Aber hier auf Masnedø fahren so viele Autos, die werden doch nicht alle diese Insel ansteuern, oder ist hier echt so viel Industrie?
Nein, die bauen die wahrscheinlich nur neu, weil die alte Storstrømmenbrücke richtig, richtig oll ist. Das hier ist nicht nur die längste Brücke Dänemarks, die ich mit dem Rad (nicht mit dem Zug) befahren darf, sondern auch die heruntergekommenste. Alles rostet und bröckelt vor sich hin. Der Beton unter dem Geländer sieht völlig angeknabbert aus, an manchen Stellen ist fast alles weg, nur noch eine kleine Schicht stützt die Metallstäbe.
Der Wind packte mich von der Seite und schob mich sanft in Richtung Geländer - zum Glück nicht das Geländer zum Wasser, sondern das zur Straße, was mir geringfügig lieber war. Der Boden war immerhin relativ eben, nur hin und wieder hüpfte ich über eine rostige Platte.
Normalerweise wird bei einer neuen Brücke die alte weitergenutzt für Züge, Fahrräder und entschleunigte oder den Stau umfahrende Autofahrer. Aber hier habe ich große Zweifel, ob sich das verantworten lässt.
Etwas erleichtert erreichte ich
(Noch einmal Insel Nr. 7: Falster)
So. Jetzt könnte ich der Ausweichroute Vordingborg an der Nordküste Falsters noch 17 Kilometer folgen und käme dann in Stubbekøbing raus. Aber was dann? Von dort lässt es sich nur schlecht abreisen, und nochmal dieselbe Strecke über Ostfalster wie 2019 muss ich jetzt auch nicht unbedingt nochmal fahren, dann lieber etwas Neues.
Es gibt ja noch die... hm, was gibt es denn hier noch? Ah, ich weiß was! Aber dazu muss ich erstmal über die nordwestliche Ecke von Falster. Diese Ecke von Falster ist am hügeligsten und nicht sehr schattig. Die App markiert zwar auch eine Strecke namens Falster rundt durch die Dorfstraßen, aber ich blieb lieber auf dem direkten Hauptstraßen-Radweg.
Neue Brücke, neues Glück! Diesmal ist es keine Riesenbrücke, aber dafür ist sie ganz einfach geöffnet und ich kann direkt rüberfahren. Mensch, das hatte ich das letzte Mal, als ich vom Festland nach Als rübergefahren bin.
Hier beginnt der Guldborgsund, und auf seiner anderen Seite liegt bekanntlich
(Noch einmal Insel Nr. 8: Lolland)
Erst einmal muss ich jedenfalls noch ein bisschen der Straße durch Guldborg folgen. Das ist also das Örtchen, nach dem der Sund benannt wurde. Ist hier irgendwas Goldenes? Nun ja, ein paar gelbe Häuser. Und zwei gelbe Rennradfahrer. Und zwei weitere, noch zwei, und nochmal vier, oha, was ist das für eine Armee? Jetzt weiß ich, woher der Sund wirklich seinen Namen hat. Von einem Schwarm Riesenbienen, die ihre Passion für Rennräder entdeckt haben.
Aber auch, als ich auf eine kleinere Straße abbog, hielt das Meer respektvoll Abstand. Was habe ich erwartet? Wenn schon der Ostseeküsten-Radweg oft so aussieht, wird es auf den lokalen kurzen Routen wohl kaum anders sein.
Die einzige Stelle, wo ich dem Guldborgsund nahekam, war die hier. Dort bog ich zwischen einem Pumpenhaus und sumpfigen Teichen ab auf einen holprigen Kiesweg. Das Ufer war mit Gras und Schilf zugewachsen.
So, hier muss doch jetzt irgendwann die nächste Brücke kommen. Vielleicht kann ich da ja wieder auf die andere Insel wechseln und beide Sundseiten ausprobieren?
Ich holperte hinaus in Richtung einer zugewachsene Landspitze voller Hecken und Schilf. Komisch, ich sah immer noch keine Brücke. Dabei glaubte ich sogar schon, das Rauschen zu hören.
Die Hecken lichteten sich, und neben mir erschien eine Autobahn. Ach Mensch, natürlich konnte ich da nicht rüberwechseln (das können Radfahrer nur am Anfang und Ende des Sunds). Gemeinsam mit der Autobahn strebten wir auf die Spitze im Wasser zu, wo ich immer noch keine Brücke sehen konnte.
Es gab ja auch keine. Es gab einen Tunnel. Ich Trottel, dabei war ich doch sogar schon auf dieser Autobahn unterwegs! Der ganze Verkehr verschwand unter einem rostigen, gewellten Blech unter der Erde.
Diese dicken Bleche halten die ganze künstliche Landspitze zusammen und drängen die Pflanzen zurück. Auf der anderen Seite kommt der Tunnel auf einer ähnlichen Spitze wieder heraus. Die haben sich aber nicht gerade die schmalste Stelle ausgesucht. Weiter südlich bei Sundby sieht der Guldborgsund aus wie ein Fluss, aber hier tendiert er schon eher in Richtung Meer.
Zum Schluss leitete mich die Sundruten durch einen hübschen, hellen Wald mit gemütlichen kleinen Mulden. Das Wasser blitzte auch hier nur selten und kaum erkennbar durch die Bäume, aber wen kümmert das, wenn der Weg so aussieht?
So. Jetzt bin in Sundby am Middelaldercentret, gleich neben Nykøbing/Falster herausgekommen. Diesmal wirklich. Und damit ist dann auch wirklich gut mit der dänischen Ostsee.
Aber nicht mit der dänischen Nordsee! Die steht auch noch auf dem Plan, und auf die freue ich mich sehr.
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