NEU: Die andere Strecke durch Dänemark - mit opportunistischer Mikro-Insel

Alsternative: Von Flensburg nach Svendborg

Posts mit dem Label Bahntrasse werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Bahntrasse werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Sonntag, 31. Oktober 2021

Bornholm: Von Sose nach Rønne

Bornholm III: Die Südküste

4:30, Sose, Kilometer 93 Ich erwache. Warum erwache ich nur so früh, wenn ich unter freiem Himmel schlafe? In meinem Zimmer kann ich bis um 12 Uhr schlafen, aber an der frischen Luft ist spätestens um 6 Schluss. Es liegt nicht an der Helligkeit, denn unter den Bäumen ist es dunkler als in meinem Schlafzimmer. Muss also die Luft sein.
Möglichst leise mache ich mich auf die Socken.

5:00 Als ich längst wieder an der Straße fahre, klingelt mein Handywecker. Den habe ich vorsorglich gestellt. Es fährt nämlich nur eine Fähre am Tag, also sollte ich die auf jeden Fall schaffen.

Gestern, 19:56 Hier müsste irgendwo die Schutzhütte von Arnager sein. Ich fahre vorfreudig den Feldweg zum Wasser herunter, denn der Meerblick ist traumhaft. Doch aus der Hütte schauen mir bereits Reisende mit halb mitleidigem, halb zufriedenem Gesichtsausdruck entgegen und zucken mit den Achseln. Deshalb bin ich gestern die paar Kilometer bis Sose zurückgefahren.


5:05, Arnager, Kilometer 98 Neben der Straße erstreckt sich der Lufthavn von Bornholm. Um diese Zeit fliegen dort keine Flugzeuge, sondern ausschließlich Vögel. Ihre Landebahnen sind mit extragroßen Pfützen ausgestattet.

5:10 Immer noch Flughafen. So ein Lufthavn ist echt lang.


5:17 Ein Haufen Mülltonnen markiert die Stelle, an der ich die Straße verlassen soll. Hier gibts einen kürzeren und schöneren Weg ins Stadtzentrum, und zwar... wieder eine Bahntrasse? Ich bin nicht ganz sicher, aber könnte sein.
Zunächst bringt mich diese Trasse durch einen normalen Laubwald.


5:23 Und anschließend durch Kleingartenanlagen. Naja, das wars jetzt wohl endgültig mit den besonderen Landschaften.


5:30 Von wegen! Zum Schluss durchquere ich noch einen Dünenpark. Ein paar wenige Nadelbäume wurzeln hier im Sandboden einer extrabreiten Düne, die mehr oder weniger unerkannt in den normalen Erdboden übergeht. Oder steht der ganze Vorort auf dieser Düne?


5:37 Ich schiebe durch den Sand bis zu einer Bank, wo ich eine zweite Frühstückspause einlege. Hier fällt die breite Düne steil zum Wasser ab. Ich genieße den Blick auf strahlende Wolken im Morgenrot und die Mole am Hafen, welche aus aufgeschütteten Steinen besteht. (Da finde ich die Wolken doch schöner.) Dort baggert bereits ein Bagger herum. (Also, auf dem Pier, nicht in den Wolken. Fliegende Bagger gibt es auch im technisch fortschrittlichen Dänemark noch nicht.) Der Baggerfahrer und ich scheinen die einzigen Personen auf der Insel zu sein, die schon wach sind.


5:57 Ich zische an der Festung von Rønne vorbei. Bin ich wirklich schon da?

6:04, Rønne, Kilometer 107 Jap, bin ich. Viel zu früh erreiche ich den Hafen. Darum schaue ich noch eine Weile die schlafende Stadt an und flicke mein Fahrrad.

7:30 Auf meinem Ticket steht Sowohl in Sassnitz als auch in Rønne ist es selbst Check In. Trotz der fragwürdigen Formulierung erkenne ich den Sinn des Satzes und sehe mich nach einem Automaten oder etwas ähnlichem um. Fehlanzeige.

7:45 Etwas, das einem weiblichen Menschen zum Verwechseln ähnlich sieht, taucht auf und scannt die Tickets der Radfahrer. Erstaunlich, wie weit die Robotertechnologie in Dänemark schon ist!

8:00 Die Fähre legt pünktlich ab. 

11:20 11:40, Fährhafen Mukran, Sassnitz, Insel Rügen, Deutschland Die Fähre legt nicht so ganz pünktlich an - ein passendes Willkommen in Deutschland (vor allem, wenn man danach mit der Bahn weiterwill).

Samstag, 18. September 2021

Von Zingst nach Barth

Bei unserer großen Sommertour 2021 hatten wir Warnemünde als Mindestziel festgelegt. Wenn wir noch Zeit und Lust haben und meine Freundin die Impfung gut überstehen würde, wollten wir noch vier Tage anhängen und die gesamte deutsche Ostsee zu Ende fahren. Nach drei Tagen Erholungszeit ging es ihr eigentlich wieder ganz gut, sodass wir dachten, wir können es mit stark reduziertem Gepäck wagen.

Ich hatte ursprünglich überlegt, noch einmal die schon bekannte Strecke über Zingst-Darß-Fischland zu fahren, schließlich war die echt schön. Aber wir wollten auch bald endlich mal nach Hause. Außerdem hatten wir seit Lübeck gespürt, wie jeder Tag kürzer und kälter wurde, und dass wir jeden Tag ein paar Minuten früher am Ziel sein mussten, um das Zelt noch im Hellen aufzubauen. Also entschieden wir, direkt in Zingst zu starten. Dazu fuhren wir mit der Bahn nach Barth, wo ein Bus mit ultrabreitem Fahrradanhänger bis nach Zingst verkehrt.

Nachdem wir in Zingst ein paar Sachen eingekauft hatten und feststellten, dass die Tauchgondel diesmal wegen zu hohem Seegang geschlossen war, verließen wir die ZDF-Halbinsel über die Meiningenbrücke. Genau genommen sind das zwei Drehbrücken mit auffällig rostigem Stahlgeländer, das vermutlich einmal weiß war. Die rechte Brücke wurde rege befahren, sie hat eine Straße sowie einen gemeinsamen Fuß- und Radweg. Die Eisenbahnbrücke links sieht recht eigenartige aus, denn sie wird nicht mehr genutzt und ist dauerhaft zur Seite gedreht - aber womöglich nicht mehr lange.


Viel Ostsee haben wir nicht gesehen, trotzdem war diese Strecke super. Vor und hinter dem Brücke verläuft ein Bahntrassenradweg schnurgeradeaus - aber wie lange noch? Kurz vor unserem Aufbruch lasen wir in den Mecklenburger Nachrichten: Die Darßbahn kehrt zurück! Auch an den Bahnhöfen verkündeten große Plakate die frohe Botschaft. Von solchen Aussichten können die Bahntrassen am Ederseebahnradweg oder Milsenburgradweg nur träumen.
Ich denke mal, dass der Radweg trotzdem bleiben wird. Schließlich sind die Radtouristen mindestens ebenso wichtig wie die Touristen, die hier mit der Bahn anreisen könnten (allein die Existenz des Fahrradbusses weist darauf hin) und in diesem flachen Gebiet ist noch genug Platz für Gleise. Auf dem Festland ist sogar noch ein Gleis vorhanden, das auf Betonstützen über dem sumpfigen Land verläuft.

Ein paar alte Waggons beinhalten eine Galerie mit dem Namen Kunst auf Schienen. Auch für die findet sich hoffentlich in Zukunft ein Abstellgleis.

Das Städtchen Barth kannte ich bisher nur von den Stundenplänen in der Grundschule. Die wurden alle von den Barther Tomaten gesponsert. Damals hätte ich keinesfalls gedacht, dass ich in Barth einmal die bisher längste Radtour meines Lebens beenden würde.
Ich habe mich in der Innenstadt von Barth einigermaßen wohlgefühlt, die ist ganz nett, aber nicht so richtig sehenswert. Das Dammtor und die Kirche sind historische Ziegeltürme, der Rest sind  irgendwelche bunten Häuser. Früher war das eventuell anders, weil hier vielleicht die legendäre, superreiche und untergegangene Stadt Vineta stand. Vielleicht aber auch nicht.

Ziemlich schnell stellte sich heraus, dass es eine blöde Idee war, weiterzufahren. Es ging meiner Freundin immer noch nicht gut genug zum Radeln. Die Erschütterungen beim Fahren verursachten eine eigenartige Übelkeit, die das Fahren, nicht aber das Essen unangenehm machte und sie dementsprechend nicht daran hinderte, in der Innenstadt einen Salat zu essen, während wir auf den Zug warteten.

Von Gedser nach Rostock, Von Gedser nach Ahlbeck, Von Gedser nach Swijnouscie - ich dachte, eine dieser Überschriften würde auf unsere Tour zutreffen. Auf Von Gedser nach Barth bin ich hingegen nicht gekommen.

Was mich daran am meisten ärgert, ist aber nicht, dass wir nicht die gesamte deutsche Ostsee geschafft haben (das war eh nur ein optional eingeplant), sondern dass wir die nächste Ostseetour damit beginnen müssen, beim Umsteigen noch einmal am bescheuerten Bahnhof von Velgast völlig vollbepackte Räder die Treppen rauf- und runterzutragen.