NEU: Die schwedische Halbinsel der Zugvögel

Falsterbo

Samstag, 30. Oktober 2021

Bornholm: Von Sandvig nach Sose

Bornholm II: Die Ostküste

4:30 Ich erwache. Es ist einfach schon so hell.

4:57, Sandvig, Kilometer 25 Ich fahre erneut die Straße nach Sandvig herunter und finde zum Glück sehr schnell die richtige Abzweigung. Über der Doppelstadt Allinge-Sandvig fuhren einst Züge, deshalb verläuft dort nun ein Bahnradweg mit prächtiger Aussicht. Straßenlaternen beleuchten ihn. Gelegentlich taucht er in den Wald ein, doch oft kann ich über die privaten Hinterhöfe bis zum Meer sehen. Das ist mal ein Radweg, bei dem es mir wirklich so gar nichts ausmacht, dass er nicht direkt an der Ostsee verläuft.


5:01 Ein orangefarbener Streifen erscheint hinter den Schornsteinen der Räuchereien. Ein Original Bornholmer Sonnenaufgang muss schließlich auch geräuchert werden.


5:09 Direkt neben dem Weg sollen sich die Felsritzungen von Madsebakke befinden. Ich mache mich auf die Suche.


3500 v. Chr. In der Bronzezeit sind diese Felsplatten heilig. Deshalb graben die Bronzezeitmenschen Löcher, stellen Säulen auf, und vor allem hämmern und malen sie maritime Motive in den Fels, darunter 16 Mal ein Schiff. Kein gewöhnliches Schiff, sondern ein göttliches Sonnenschiff, dass jeden Tag einen Feuerball über den Himmel transportiert und mit dieser brandgefährlichen Ladung globale Beleuchtung ermöglicht.
Vielleicht sollen die Zeichnungen besondere Ereignisse wie Hochzeiten, den Aufbruch zu langen Reisen oder die bestandene praktische Fahrprüfung markieren.

1000 v. Chr. Der Felsen ist immer noch heilig. Die Menschen stellen einen Zaun auf und halten rituelle Mahlzeiten ab, wie Knochenreste verraten.

400 Der Felsen ist nicht mehr ganz so heilig, denn es steht ein Haus darauf. Wozu es diente, ist unbekannt.

5:12 Während meiner rituellen Frühstückspause finde ich das rote Schiff, das überall im Internet zu sehen ist. Die Farbe wurde vermutlich nachgemalt, ich bezweifle, dass die über 5000 Jahre durchgehalten hat. Daneben sind weitere Schiffe in ganz blassem Rot zu erkennen. Ohne das nachgegemalte Schiff hätte ich die nicht gesehen.


5:13 Ferner sollen hier noch Kreise, Räder, Fußabdrücke, Tassen-Abdrücke (?) und ein Kreuz aus Rädern mit einem Tassen-Abdruck drin zu finden sein.
Ich identifiziere allenfalls Formen, bei denen es sich eventuell um Fische handeln könnte, oder einfach irgendwelche Löcher. Wenn das Ritzungen sind, dann sind sie echt tief geritzt. Immerhin wächst da schon Gras drin. Die waren wohl wirklich entschlossen, dass ihre Werke Jahrtausende überdauern sollen.


5:35 Allinge, Kilometer 28 Die Bahntrasse ist zu Ende, ich muss wieder eine Etage runter.

5:57 Tejn, Kilometer 31 Jetzt fahre ich auf dem Radweg neben der Küstenstraße, und zwar fast durchgehend bis Morgen früh. Erstmal geht es steil aufwärts. Es folgt ein ganz besonderer Steilküstenabschnitt, auf dem es von Sehenswürdigkeiten nur so wimmelt.

7500-5500 v. Chr. Vergessliche Jäger der Jungsteinzeit lassen ihre Werkzeuge am Meer liegen.

1300-1100 v. Chr. Ein gläubiger Typ der Bronzezeit lässt sich zufällig an derselben Stelle bestatten. Mögliche Feuerstein-Äxte im Rücken stören ihn nicht.

0-400 Sechs gläubige Seeleute der Eisenzeit lassen sich direkt daneben bestatten. Sechs erstaunlich spitze Grabsteine bilden einen Kranz, der entfernt an ein Schiff erinnert. Das Ding heißt Stammershalle. So ein Schiffsgrab in Meernähe ist die traditionelle Bestattung für Menschen, die ihr Leben auf einem Schiff verbracht haben.


6:17 Die Ostsee sieht an der Ostküste total anders aus. Flach und friedlich schwappt sie gegen den Fels. Oder liegt es daran, dass der Wind über Nacht nachgelassen hat?
Auf jeden Fall wage ich nun ein Bad. Dazu benutze ich den Steg des gelben Badehotels Stammershalle. Es ist eisig und die Wellen sind von hier unten gesehen doch nicht so klein. Ich schwimme eine Weile auf die Landspitze mit der Stammershalle zu (hinten rechts). Diese Steinzacken sahen im Internet echt größer aus.


6:47 Ich entdecke die Mündung des Døn. Kaum zu glauben, aber dieses Bächlein führt tatsächlich Wasser. Sehr gut.


6:50 Ich schließe mein Rad an einem Parkplatz an und folge dem Wasser tief hinein in den Wald des Døndalen. Der Pfad verläuft nicht direkt am Bach.

6:56 Ich überqueren den Bach auf einem Steg. Immer noch Wasser. Sehr gut.


6:57 Am Wegesrand wurden ein paar exotische Bäume gepflanzt. Nun ja, exotisch für Bornholm. Die Ægte kastanje zum Beispiel. Die steht bei mir zu Hause und fast überall in Europa ganz normal herum, aber hier oben ist das ein exotischer Baum.

7:03 Ich muss über einige Steine kraxeln, um endlich mein Ziel zu finden. Der Døndalen-Wasserfall ist mit 20 Metern der größte Wasserfall der Insel. Und der einzige, bei dem überhaupt Wasser fällt. Vermute ich mal. Denn selbst in diesen Fall fällt nur ein schmales Rinnsal. Es verbirgt sich in einer Art Dschungel inmitten von Felsbrocken, gefallenen Bäumen und algengrünen Steinen. Das wäre sicher eine nette Kulisse, wenn hier mehr als ein paar zarte Tröpfchen runterrieseln würden. Die Wasserfälle und die Stammershalle sind das einzige auf Bornholm, was meine Erwartungen nicht übertroffen hat.


7:29 Das Kunstmuseum präsentiert in seinem Park ganz schön schweinische Skulpturen.


7:36 Ich folge einem Schild zu den Heligdomsklipperne. Hinterm Kunstmuseum entdecke ich eine Treppe und steige abwärts. Leichter Regen hält mich nicht auf. Vielmehr scheine ich den Regen aufzuhalten, denn der Niederschlag hört sofort wieder auf.


Mittelalter, Johannisnacht Pilger wandern zur Heiligen Quelle der Rø Kijijla am Fuße der Klippen. Mehr weiß ich auch nicht.

7:37 Die Heiligtumsklippen fallen 22 Meter steil und eckig ab. Sie sind weitgehend frei von Schlingpflanzen und anderem Schnickschnack. Die sollen heilig sein? Während auf den Klippen der gegenüberliegenden Seite der Missionar Jon gepredigt hat, könnte ich mir an diesen nackten Klippen eher vorstellen, wie ein Philosoph der Aufklärung seine rationale Weltsicht erklärt hat. Auch sie sind eindrucksvoll, aber eben ganz anders als Jons Kapel.
Die Treppe setzt ihren Weg durch einen makellos rechteckigen Einschnitt im Felsen fort, der entweder auf natürliche Weise oder unter Zuhilfenahme von etwas Sprengstoff entstand. Es folgt ein Steg.


7:41 Dann endet der Weg in Form einer Leiter in einer steinigen Grube. Das verwirrt mich. Wozu diese Leiter? Was soll ich jetzt hier unten machen? In dieser Steinpfütze baden? Die Aussicht auf die Steinwand genießen? Oder diese sehr schmale Höhle betreten? Letzteres lasse ich lieber, denn die Höhle besteht im Grunde nur aus sehr großen, übereinanderliegenden Steinen.


7:55 Eine ausgehängt Karte verrät, dass es noch mehr Klippen gibt, die Namen wie Libertsklippen und Capriklippen tragen. Die anderen Felsen haben keine derart sicheren, seltsamen Sackgassentreppen, sondern nur wilde Pfade. Einem davon folge ich, bis es steil wird und weitergehen mir zu riskant erscheint. Da ich nicht auf der Suche nach dem perfekten Insta-Poträt oder sonst was bin, sehe ich keine Veranlassung, mir auf dem Weg bis zur Felsspitze den Hals zu brechen.


8:22 Der Radweg wird zu einem schmalen Seitenstreifen. Der Grund dafür ist möglicherweise Platzmangel, denn die letzten Ausläufer der Heiligtumsklippen erstrecken sich bis an die Straße.


8:26, Gudhjem, Kilometer 42 Eine weiße Windmühle verkündet, das ab hier die spektakuläre Klippenküste vorbei ist, die Radwege breiter werden und regelmäßig Städte folgen. Wie auf Rügen ist die Ostküste nämlich dichter besiedelt.


9:10 Warum liegt hier eigentlich Stroh? Weil die hiesigen Mähdrescher es bis auf den Fahrradweg spucken.


9:24 Für einen Kilometer ist der Radweg sogar doppelt vorhanden.


10:06 Ich mache einen Abstecher ins hügelige Hinterland, wo Getreide, orangefarbenen Blumen und Hügelgräber wachsen.


10:30 Mein Zwischenziel ist der Brændesgårdshaven (hoffentlich habe ich den Namen richtig abgetippt). In Deutschland käme niemand auf die Idee, einen derart sperrigen Namen für einen Freizeitpark zu wählen.
Pünktlich zur Öffnung komme ich an. Da bin ich nicht der einzige. Ich bin nicht mal der einzige, der morgens bei der Saukälte baden gehen will. Vier andere wagen sich auch ins Wasser. (Allerdings bin ich wohl der einzige Bekloppte, der morgens vorher noch fix vier andere Sehenswürdigkeiten der Insel besucht hat.)
Der Park ist im Grunde eine Kombi aus Zoo und Freibad, die zusammen bezahlt werden.
Der Zoo-Teil besteht vor allem aus Hängebauchschweinen und mehreren kleineren Affenarten, eben Tierarten, die bei Kindern besonders gut ankommen und zugleich besonders leicht zu halten sind.
Der Freibad-Teil besteht aus vier hubbeligen Wasserrutschen, die sich einen Hügel runterschlängeln und im selben eiskalten Becken landen. Entsprechend zeigt das Logo des Parks einen Lemuren auf einer Rutsche.
Ich lasse mich ein paarmal schockfrosten und beobachte die Lemuren bei ihren hyperaktiven Kunststücken und die Hängebauchschweine beim... hängen. Die machen eigentlich nix.


12:07, Svaneke, Kilometer 57 Der Brændesgårdshavnen gehört zur westlichsten Stadt Bornholms. Sie begrüßt ihre Besucher mit einer grauen Windmühle und einem eigenartigen pyramidenförmigen Aussichtsturm.
Ob man da wohl hochsteigen kann? Ich suche den Turm hinter irgendwelchen Gärten und Hecken. Nö, die Wendeltreppe ist versperrt. Schade.


1816 Die Svaneker bauen einen neuen Hafen. Er ist halb so groß, aber auf magische Weise viel effizienter, sodass statt 8 bis zu 40 Schiffe gleichzeitig anlegen können. Dadurch wird Svaneke eine erfolgreiche Handelsstadt, die Kaffee, Zucker und Kohle durch ganz Europa verschifft. An guten Tagen werden in der Werft vier Segelschiffe gleichzeitig zusammengezimmert.

1870 Der Svanen (Schwan) wird gebaut. Es ist das letzte große Segelschiff der Stadt, anschließend vollziehen die Werften den Segelausstieg zugunsten der neumodischen Dampfmaschinentechnologie. Zum Gedenken an diese bedeutende Verkehrswende steht das Grundgerüst des Svanen nachgebaut im Hafen herum.

 

12:14 Die Betonbadestelle im Hafen von Svaneke ist mit einem Sprungturm ausgestattet. So richtig einladend sieht das trotzdem nicht aus. Ich war ja heute schon baden.

12:20 Ich habe Hunger. Aber wenn ich auf dieser teuren Insel was esse, dann will ich auch den berühmten Bornholmer Hering probieren. Am Hafen entdecke ich ein Restaurant, das den Schornstein einer Räucherei aufweist. Das ist schon mal ein gutes Zeichen. In der Speisekarte suche ich nach dem Wort sild und bestelle schließlich sol over Gudhjem. Das wurde nach der Stadt benannt, die ich gerade durchquert habe, wie cool! Ich denke deshalb, es handelt sich um eine regionale Spezialität, dabei ist das in ganz Dänemark bekannt.

12:25 Der Hering liegt auf geröstetem Brot, und dazu gibts Eigelb, Schnittlauch und Radieschen. Das wird tatsächlich eher als belegtes Brot und nicht als Hauptgericht gesehen, schmeckt und sättigt aber deutlich mehr als nur ein irgendein Brot. Auf dem Bild sieht das irgendwie kleiner aus, als es ist.


13:29, Årsdale, Kilometer 60 Im Hafen der nächsten Stadt ist der Übergang vom Norden in den Süden der Insel perfekt zu erkennen. Die Felsen werden immer flacher und spärlicher, bis der Sandstrand sie vollständig ablöst.


13:43 Bevor ich mich ganz vom Granit verabschiede, mache ich eine ausgiebigen Ausflug ins Binnenland. Ich suche eine besonders schöne Landschaft namens Paradisbakkerne (Paradieshügel).

14:08 Keuchend tauche ich in einen Wald ein. Hügel gibts hier auf jeden Fall genug, aber so richtig paradiesisch sieht das noch nicht aus. Ich fotografiere ein paar detaillierte Wanderkarten ab, schließe mein Fahrrad an der Straße an und suche das Paradies. Offenbar wurde es abgeholzt.


11700 v. Chr. Die letzte Eiszeit hinterlässt in einem schönen Wurzelwald einen Wackelstein, auf dänisch Rokkestenen. Seitdem wackelt der, wenn man ihn richtig rüttelt. Obwohl ich vermute, dass es anfangs noch nicht so viele Touristen gab, die das probiert haben.

1960-2000 Der Rokkestenen wackelt infolge von Vandalismus nicht. Wie auch immer die Vandalen das angestellt haben.

14:17 Der Rokkestenen wackelt angeblich wieder. Dazu soll man mit beiden Händen kurze, schnelle Stöße ausführen, und zwar am spitzen Ende. Da wird es schon schwierig: Beide Enden sehen aus dem richtigen Blickwinkel spitz aus. Ich probiere es auf beiden Seiten, erziele jedoch keinen Erfolg.


14:41 Auf dem Rückweg wähle ich eine andere Route durch eine spezielle Schlucht namens Kodal. Das sieht schon deutlich schöner aus. In der Mitte schlängelt sich ein Bächlein durch sumpfigen Boden, während auf beiden Seiten schroffe Felswände abfallen. Dieses Tal ist wortwörtlich, wie Herbert Grönemeyer sagen würde, außen hart und innen ganz weich. Oder wie es die Hinweistafel formuliert: Sehr hübscher, charakteristischer Senkungsgraben.


14:50 Aber so richtig zufrieden bin ich mit den Paradisbakkerne noch nicht. Hier sollte es doch auch Heide geben, oder? Ich fahre auf der Straße ein paar Meter weiter und wähle einen anderen Einstieg in die Natur.

15:01 Dort finde ich mehr als genug Heide. Sie wächst auf dem steinigen Gipfel des Midterpilten. Mit 113 Metern ist das der höchste Punkt des Gebiets. Die Paradisbakkerne haben wirklich schöne Ecken, man muss sie nur suchen. Aber weil die Entfernungen viel kürzer sind, als sie auf der Karte aussehen, ist das kein Problem. Nicht mal für mich, obwohl ich heute noch nebenbei die ganze Ostküste umrunde.



15:28, Neksø, Kilometer 66 Nach dieser ausgiebigen Wanderung sause ich runter in die nächste Stadt.


15:30 Die Windmühle von Nexø erstrahlt in dänischem Gelb und passt damit optimal zu den Hafenanlagen. Haben sich die Städte irgendwie abgesprochen, damit ihre Mühlen auf keinen Fall dieselbe Farbe haben?


15:39 Dort beginnt der einzige Abschnitt seit Allinge, wo der Radweg nicht direkt neben der Küstenstraße verläuft. Wie beim letzten Mal liegt das daran, dass es sich um einen Bahnradweg handelt. Schnurgeradeaus lässt er die letzten Häuser der Stadt hinter sich. Als das Meer einen Schlenker nach links macht, lässt er sich nicht davon beeinflussen und taucht geradeaus in den Wald ein.


15:47 Direkt am Meer verläuft ein Kiesweg. Ich erkunde ihn ein Stück und besteige einen Vogelbeobachtungsturm. Auch in Dänemark ist es üblich, in solche Türme vergilbte Schilder mit Vogelbildern zu nageln, damit die ornithologisch Unbedarften identifizieren können, was da flattert. Ich erkenne immerhin die sølvmåge (Heringsmöwe).


16:03 Da ich mir Sorgen mache, ob mich dieser Weg nicht in die Irre führt, ob er gut passierbar ist, und weil ich Bahnradwege mag, kehre ich dann doch wieder auf den Waldweg zurück. Er belohnt mich mit einer richtig großen Heidefläche, die ich beim Fahren ausgiebig bestaunen kann.


16:20, Snogebæk, Kilometer 72 Ich entdecke einen hochseetauglichen Vorgarten mit Schiffsschraube.


16:39, Dueodde, Kilometer 76 Ein alter, sehr hoher Radarturm beinhaltet eine Cold War Exhibition. Beworben wird sie mit dem dramatischen Slogan Russerne kommer! Davor fürchten sich die Bornholmer angesichts ihrer Lage und Geschichte sicher mehr als andere Dänen.
Ob man im Museum irgendwie den Turm raufkommt? Schade, scheint eh schon alles geschlossen zu sein.


16:50 Stattdessen biege ich ab in den Fyrvej (Feuerweg), der direkt an den Sirenevej grenzt. Hier gehts zum beliebtesten Strand der Insel, doch der Weg dahin ist lang. Zunächst versperrt eine Barriere aus Eisdielen den Weg. Eine davon hat ihre eigene Wassermühle. Da bleibt mir leider keine andere Wahl, als ein Eis zu essen.


1861 Die Ostsee hat ein 12 Kilometer langes sogenanntes Sandtreiben angespült. Es gehört König Frederik VII., aber der kann damit nicht viel anfangen. Die einzigen, die überhaupt was damit anfangen können, sind genügsame Schafe, doch zufälligerweise ist der dänische König kein genügsames Schaf. Also verkauft er das Land an die umliegenden Bauernhöfe. Aber nur unter der Auflage, dass sie da Wald anpflanzen. Frederik VII. hatte offenbar mit Anakin Skywalker gemeinsam, dass er keinen Sand mochte.

1930 Die Waldanpflanzung läuft gut. Etwas zu gut, denn die schönen Dünen sind fast weg. Der Rest wird unter Naturschutz gestellt. Nur ein paar spezielle Gebiete für Ferienhäuser bleiben außen vor.

16:54 Hinter den Eisdielen verwandelt sich die Straße in einen Holzweg. Der ist richtig lang. Wer hier vom Parkplatz zum Strand läuft, passiert unterwegs gefühlt mehrere Klima- und Zeitzonen. Klingt nervig, ist aber toll.
Zuerst laufe ich durch knorrigen Küstenwald mit Sand.


16:56 Dann durch eine Wüste. Hier rutschen Kinder mit ihren Sandboards die Dünen runter. Dafür muss man nicht in die Sahara fahren.

 

16:58 Dann durch eine Heide.


17:00 Dann durch einen sumpfigen Wald mit dicken Hecken und dichten Stacheln.

17:02 Dann erreiche ich endlich den Strand. Am südlichsten Punkt von Bornholm schwimme ich noch eine Runde. Hier lässt es sich wirklich gut baden, die Menschen verteilen sich (anders als die Mülleimer) gleichmäßig über die Fläche. Doch das wirklich Einzigartige ist der Weg zum Strand.


18:55, Pederskirke, Kilometer 85 Mehr Meer sehe ich an der Südspitze der Insel nicht. Der Radweg folgt wieder der Straße im Binnenland. Oha, da steht ja ein Weingut! Mir war nicht klar, dass ich so weit nach Süden gefahren bin.


19:14 Die letzte Mühle des Tages ähnelt einem Geist, der seinen Kopf unterm Arm trägt.


20:15, Sose, Kilometer 93 Ich biege ab zum Naturlagerplatz am Meer. Eine kleine Straße bringt mich zu einem Strandparkplatz mit Klo, doch ein Schild verbietet das Campen. Ich muss noch weiter nach hinten.

20:21 Ein Netz dünner Sandwege durchzieht die Dünen. Ein kleines grünes Schild verbietet das Campen.

20:22 Campen verboten. Bin ich hier wirklich richtig?

20:23 Campen ist immer noch verboten, doch immerhin weist ein zweites Schild den Weg zum Lagerplatz, wo campen eventuell erlaubt sein könnte.


20:24 Campen erlaubt, na endlich. Der Lagerplatz besteht aus einer kleinen Wiese, die komplett von Bäumen eingeschlossen wird. Die Bäume bilden fast schon einen richtigen Unterstand, der jede Sicht auf Dünen oder Meer versperrt und das vorhandene Abendlicht halbiert, dafür aber vor Regen schützt. Ein anderes Zelt steht da schon drin.

20:27 Ich gehe erstmal runter zum Sandstrand von Sose Odde und kühle mich im Wasser ab. In der Ferne stehen zwei Leute auf einer Düne, vermutlich die Bewohner des Zelts. Ich winke ihnen zu, um mich schon mal mit den Nachbarn für heute Nacht gutzustellen.


21:02 Ich sitze auf einem Baumstamm und esse eine Suppe vom Campingkocher. Die anderen Radfahrer kommen dazu und trinken Wein. Sie haben gerade erst mit ihrer Bornholm-Tour angefangen und fragen mich nach Tipps. Das war möglicherweise ein Fehler. Ich texte sie so lange zu, bis sie überfordert sind. Zur Belohnung schenken sie mir eine Karte. Sie zeigt die restlichen Paar Kilometer bis Rønne, die sie heute schon abgefahren haben. Bei der Touristinfo haben sie gratis einen Satz solcher Karten bekommen, welche die komplette Insel abdecken. Mist, die hätte ich auch gebrauchen können.

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