NEU: Die schwedische Halbinsel der Zugvögel

Falsterbo

Sonntag, 4. August 2019

Von Malmö nach Kopenhagen

Da wir auf dem Ostseeküstenradweg unterwegs sind, sollte ich an dieser Stelle mal eine Frage klären: Wo endet eigentlich die Ostsee?
Zwischen Dänemark und Schweden liegt die Meerenge Kattegat. Die wird mal zur Ostsee und mal zur Nordsee gezählt, nach traditionell skandinavischer Auffassung gehört sie aber zu keinem von beidem. Laut heutigen Politikern, die sich wie so oft nicht genau festlegen wollen, ist der Kattegat der "Eingang" zur Ostsee, was immer das genau heißt.

Theorie 1: Wenn man den Kattegat dazuzählt, verläuft die Grenze ungefähr zwischen dem Skagen, der Nordspitze Dänemarks, und Göteborg in Schweden. Dann müssten wir noch ein ganzes Stück weiter nach Norden, bis wir nach Dänemark wechseln können.

Theorie 2:
Wenn man den Kattegat nicht dazuzählt, verläuft die Grenze über die vielen kleinen dänischen Inseln. Das ergibt durchaus Sinn, die Inseln blockieren das Meer fast komplett, unterbrochen nur von ein paar kleinen Meerengen, zum Beispiel dem Öresund.
Zählen diese Meerengen, die sogenannte Beltsee, dann eigentlich zur Ostsee?

Theorie 2a: Wenn ja, verläuft die Grenze an der Nordküste der Inseln und wir müssten auch noch ein bisschen weiter bis nach Helsingborg. Der europäische Nordseeküstenradweg folgt dieser Theorie so ungefähr.

Theorie 2b: Ansonsten können wir gleich an der Südküste der dänischen Inseln weiterfahren. Dieser Theorie folgt der europäische Ostseeradweg - und damit auch wir. Die Strecke ist auch so lang genug, warum sollten wir uns da noch mehr aufbürden?
Weil der Kattegat und die Beltsee so artenreich sind, müsste man die Flora und Fauna der Ostsee nach dieser Theorie als schwer bedroht einstufen. Nach den anderen Theorien geht es der durchschnittlichen Ostsee-Ökologie noch ganz gut.

Theorie 2c: Es gibt außerdem noch eine Theorie, laut der die Ostsee schon auf der Darßer Schwelle zwischen der Insel Falster und der Halbinsel Darß endet. Das ist selbstverständlich Blödsinn, denn dann wäre Rostock ja gar nicht an der Ostsee.

Wir folgen also dem Radweg entlang Theorie 2b über die Inselstrecke. Die Inseln sind fast alle durch Brücken verbunden. Autofahrer können komplett durchfahren. Für Radfahrer gibt es jedoch zwei Stellen, an denen sie ohne andere Verkehrsmittel nicht weiterkommen.

Der Öresund ist die erste Stelle. Hier muss man entweder weiter oben die Fähre von Helsingborg nach Helsingør nehmen, oder wie wir die Bahn von Malmö nach Kopenhagen.
Der Öresundståg (Öresundzug) ist eine der wenigen schwedischen Bahnlinien, in denen man Fahrräder mitnehmen kann. Ergibt irgendwie Sinn: An den meisten Bahnstrecken kann man schließlich stattdessen neben den Gleisen radeln, aber hier geht das definitiv nicht.
Eine Schaffnerin erklärte uns genau, wie wir die Räder hinstellen sollten. Sie passte konsequent auf, dass der Bereich mit den Klappsitzen nicht zweckentfremdet wird. Wer keinen Kinderwagen und kein Rad dabeihatte, wurde sofort weggeschickt. Das waren wir so aus Deutschland auch nicht gewohnt.
Der Zug fährt alle 20 Minuten, und das völlig zu Recht. Er war nicht brechend voll, aber definitiv gut ausgelastet. Wie das aussähe, wenn der Zug nur einmal pro Stunde fahren würde, will ich mir lieber nicht vorstellen.
Diese fabelhafte kleine Regionalbahn benötigt lediglich 35 Minuten, um in ein anderes Land zu wechseln. Zuerst fährt der Zug unterirdisch und hält noch an zwei anderen Stationen in Malmö. Und dann legt er richtig los.

Der Öresundståg pest mit wahnwitziger Geschwindigkeit durch Tunnel und Dünen und beschleunigt immer weiter. Solch ein Tempo hätte ich der kleinen grauen Maus gar nicht zugetraut. Das Ding ist ein ICE, gefangen im Körper einer Regionalbahn!
Und dann, wupp, wurde es plötzlich hell und wir waren auf dem Wasser. Pfeilschnell sausten wir durch die untere Etage der Öresundbrücke.

Pünktlich zum neuen Jahrtausend (also im Jahr 2000, falls Sie diesen Beitrag in einem späteren Jahrtausend lesen sollten) wurde diese Megabrücke eröffnet. Offiziell heißt sie Øresundsbron - das ist eine Mischung der dänischen und schwedischen Schreibweise als Symbol der Zusammenarbeit.
Aber nicht wegen des Namens ist es die beeindruckendste Brücke, die ich je gesehen habe, sondern einfach, weil sie so tierisch lang ist, dass ich nicht mal das Ende richtig sehen konnte. Eine endlose Reihe von Betonpfeilern trägt die Dreiecke aus Stahl, ganz hinten im Nebel, gerade so zu erkennen, hängt das hängende Stück ab, wo die Schiffe durchfahren. Und da ist noch lange nicht Schluss! Acht Kilometer lang geht es immer weiter. Obendrauf befindet sich die Autobahn, eine Etage tiefer fahren Züge.

Nach einigen Minuten sind wir dann, wupp, auch schon in Dänemark. Wer schnell genug hinguckt, erkennt das an der dänischen Flagge auf den Stahlstreben. Und damit herzlich willkommen zum dänischen Insel-Hopping! Zuerst sausen wir über die

Insel Nr. 1: Peberholm ("Pfefferinsel")

Auch wenn wir diese Insel nur wenige Sekunden durch das Zugfenster gesehen haben, gibt es mehrere interessante Dinge über sie zu erzählen. Der skurrile Name spielt auf die benachbarte "Salzinsel" Saltholm im Öresund an. Weil hier Flugzeuge zur Landung am Kopenhagener Flughafen ansetzen und tief fliegen, kann die Öresundbrücke nicht weitergehen. Deswegen wurde die Pfefferinsel künstlich errichtet. Straße und Gleise entflechten sich und führen nebeneinander in den Drogdentunnel. Über diesen Tunnel führt die einzige brückenfreie Schiffsroute zwischen Nord- und Ostsee, sodass nur dort unbegrenzt hohe Schiffe durchkönnen (außer sie sind so hoch, dass sie den Boden der Flugzeuge berühren).
Außerdem ist die Insel ein wissenschaftliches Experiment: Es wurden keine Pflanzen ausgesät, die Wissenschaftler wollten herausfinden, welche Arten sich hier nach und nach von allein ansiedeln. Peberholm könnte auch Paradoxholm heißen: Eine künstliche Insel, naturbelassener als die meisten natürlichen Inseln, und eine Sperrzone, die täglich tausende Leute durchqueren, ohne es zu merken. Unser Zug hat natürlich keinen Bahnhof.
Ganz hinten ist schon die Ostküste der nächsten Insel zu sehen. Mit Badestrand und Meeresaquarium geht es dort wieder normaler zu.

Auf den Drogdentunnel folgt nämlich

Insel Nr. 2: Amager

Die Bahn fuhr erstmal unter dem Lufthavn (Flughafen) im Vorort Kastrup durch. Dort stiegen die meisten Schweden wieder aus, weil sie irgendwo hinfliegen wollten. Erst dann kam die Bahn ans Tageslicht und eilte weiter zwischen grasgrün bewachsenen Wällen und kürzeren Tunneln.
Die Insel Amager ist relativ klein im Vergleich zu anderen Inseln. Es gibt da zwar viel Wald drauf (wie wir später sehen werden), aber auch zahlreiche Stadtteile und Vororte von Kopenhagen. Deswegen ist das die mit Abstand am dichtesten besiedelte Insel Dänemarks.

Als der Zug eine zweite Brücke passierte, hatten wir noch einmal etwas zu sehen. Die Brücke führt über ein Gewässer namens Inderhavn. Es sieht aus wie ein Fluss, aber eigentlich ist das so eine Art sehr enge Meerenge. Tja, und damit wären wir auch schon auf

Insel Nr. 3: Sjælland (Seeland)

Wir fahren aber nochmal zurück nach Amager. In Kopenhagen sind wir andauernd zwischen den Inseln hin- und hergewechselt.

Nach dieser spannenden Fahrt kamen wir im Kopenhagener Hauptbahnhof an. Hier bekamen wir direkt einen Eindruck des typischen Baustils der Stadt: wuchtige, wehrhafte Backsteinbögen.
Der Bahnhof ist leider nicht so durchdacht wie der von Malmö. Wir brauchten ewig, um herauszufinden. Es gibt da ein Untergeschoss, bei dem man von Bahnsteig zu Bahnsteig gehen kann, aber ohne Ausgang. Wer denkt sich so was aus?

Kopenhagen heißt auf Dänisch København, also Kaufmannshafen. Ich war nun zum zweiten Mal in dieser Metropole. Von Nord nach Süd guckt man sich da typischerweise folgendes an:

Das Meerenge-Kanal-Inderhavn-kein-Fluss-Gewässer-Ding zieht sich durch die ganze Stadt. Ganz im Norden geht es in den Öresund über. Dieses Ende der Stadt kommt ein bisschen militärisch daher: Ein Kriegsschiff liegt am Kai und eine Inselfestung liegt im Wasser.

Am anderen Ufer auf Amager steht hochmoderne, schicke Architektur. Was das wohl sein mag? Die Oper? Nee, die kommt erst später, das ist eine Müllverbrennungsanlage.
Ach ja, außerdem sitzt da so eine Nixe auf einem Stein, allerdings ist sie inmitten der asiatischen Touristen nur schemenhaft zu erkennen. Der Schriftsteller Hans-Christian Andersen hat sie in einem Kunstmärchen mit unhappy End (außer bei Disney) sterben lassen, um vor den Nebenwirkungen der Schönheitschirurgie (Stimmverlust, akute Doofheit) zu warnen. Als erste moderne Frau war sie nicht in der Lage, ein positives Verhältnis zu ihrem Körper aufzubauen. Der Künstler Edvard Eriksen hat eine Statue der kleinen Meerjungfrau gemacht, die eine Art Dornenkrone aus Vogelkot trägt und zum Symbol schlechthin für Kopenhagen geworden ist.

Neben dem Rathaus gibt es ein Museum über die anderen Märchen von Andersen. Die Märchenfiguren stehen in dunklen Räumen und bewegen sich ein bisschen, während eine Stimme die Geschichten vorliest, auf Knopfdruck auch auf Deutsch. Besonders trickreich ist die Darstellung von Des Kaisers neue Kleider. Durch eine Spiegelung sieht der Kaiser mal angezogen und mal nackt aus.
Das auf dem Bild ist aber nicht der Kaiser, sondern Hans-Christian Andersen (und zwar angezogen).

Aber zurück nach Norden zum Langelinje Kai, wo neben zahlreiche Hotels dieses merkwürdige Kunstwerk steht: Das genmodifizierte Paradies. Dieser Künstler hat als Kind wohl gern Kleckerburgen gebaut. So sehen jedenfalls seine Figuren aus: Der genmodifizierte Adam, die genmodifizierte Madonna und hinten auf dem Wasser die genmodifizierte Meerjungfrau. Früher saß auf diesem Stein die echte Meerjungfrau. Sie wird wohl öfter mal versetzt. Einmal war sie sogar für eine Ausstellung in China, damit all die Asiaten sie zu Hause fotografieren können.

Es folgt das Kastell, eine sternförmige Festung aus dem Mittelalter. Sie ist umgeben von einem Wassergraben und Wällen, auf denen man spazieren kann. Innendrin stehen eine Kirche, eine Windmühle und rote Baracken, die zur Aufbewahrung von Soldaten errichtet wurden.

Die Albanikirche besteht aus kleinen grauen Steinen und sieht von außen ziemlich schön aus. Daneben rauscht und spritzt der spektakuläre Gefionbrunnen.

Um zu den nächsten Sehenswürdigkeiten zu gelangen, mussten wir ein Weilchen am Wasser entlanggehen oder -fahren. Dort taucht rechts dann der Ausblick auf zwei große Bauwerke auf. Vorne steht das Schloss Amalienborg, dahinter die Frederikskirche. Dieses Schloss ist der Wohnsitz der dänischen Königin.
Naja, Amalienborg ist vor allem ein sehr großer Platz für die Touristen mit ein bisschen Schloss drumherum. Und in dem bisschen Schloss sind auch noch vier große Durchgänge, damit der Platz sehr gut zu erreichen ist.

Auf dem Platz stehen nämlich zahlreiche Wächter, die hier ihre Show abziehen. Sie haben gewaltige Bärenfellmützen, die größer sind als ihr Kopf. Damit sehen sie den weltberühmten Wächtern in England sehr ähnlich, jedoch stehen sie längst nicht so still. Sie reden miteinander, kratzen sich am Kopf oder bohren in der Nase. Manche gucken genervt, andere lächeln freundlich. Nur wenn die Ablösung kommt, stehen sie stramm und marschieren im Gleichschritt. Und solch eine Ablösung passiert wirklich oft und wird an jeder Ecke, wo ein Wächter steht, immer wiederholt, damit auch jeder auf dem Platz Gelegenheit hat, sie mal zu sehen.
Sind das nur noch Schauspieler für die Touristen oder erfüllen die wirklich noch eine Funktion, die der Sicherheit dient? Tja, auf jeden Fall wurden die während der Ablösung von Polizisten in gelben Westen bewacht. Damit wäre dann auch die uralte Frage "Wer bewacht die Wächter?" (Quis custodiet custodes?) gelöst.

Kopenhagen hat kulturell viel zu bieten, aber da ich aus einer ostdeutschen Familie stamme, verbinden wir damit vor allem die Olsenbanden-Filme. Für die Wessis: Das ist eine Reihe von dänischen Komödien über drei kleine Verbrecher, die einen stinkreichen großen Verbrecher, also einen Steuern hinterziehenden Superreichen, beklauen wollen.
Auf dieser Tour haben wir viele Drehorte gesehen. Am Schloss Amalienborg lenkt die Olsenbande zum Beispiel in Teil 10 einen Baron ab, indem sie behaupten, man könne mit einem Fernglas die dänische Königin im Badezimmer sehen. Hier guckt die Königin ungefähr so, als hätte sie sich die entsprechende Szene gerade angesehen.

Die Frederikskirke oder Marmorkirke hat keinen Turm, sondern eine riesige und reich verzierte Kuppel. Sie ist ein beeindruckendes Bauwerk. Leider liegt sie direkt hinter einer engen, stark befahrenen Straße, die jeder Tourist überqueren muss. Diese Hektik färbt ein bisschen auf die Kirche ab, so richtig kam ich darin nicht zur Ruhe.

Der Nyhavn besteht aus alten bunten Häusern und Segelschiffen. Das sieht schön aus, zwingt aber jeden, der am Wasser unterwegs ist, zu einem ordentlichen Umweg bis zur nächsten Brücke über das Hafenbecken, um die zahllosen Fotografen herum und endlich zurück zum großen Inderhavn abzweigt.

Mittlerweile gibt es auch auf der anderen Seite, also der Insel Amager, mehr zu sehen als Müllverbrennungsanlagen. Ab dem Nyhavn können Fußgänger und Radfahrer das Ufer auf mehreren Brücken wechseln. Dabei gilt es unter anderem ein Stück Radweg zu passieren, das sich gelegentlich für Segelschiffe fast senkrecht nach oben stellt.

Hier soll sich angeblich irgendwo das rebellische Christiania befinden, wo Häuserbesetzer ihren eigenen Staat gegründet und weiche Drogen erlaubt haben. Irgendwann einigten sie sich mit der Stadt, dass sie da wohnen bleiben dürfen, sofern sie weiterhin ihre Strom- und Abwassergebühren zahlen.
Wir haben aber nur noble Häfen mit Segelbooten und teure gläserne Wohnhäuser entdeckt. Mittendrin stand dieses Grafitti-Gebäude ziemlich verloren herum.

Außer dem Inderhavn und dem Nyhavn hat Kopenhagen noch mehr Wasser. Durch die Stadt ziehen sich verschiedene Kanäle und Gräben, die alle ein bisschen wie Flüsse aussehen. Die meisten sind aber Sackgassen, oder sogar komplett isoliert vom restlichen Wasser. Dieser Kanal hier verläuft durch das Stadtviertel Christianshavn.

Diese moderne Brücke sieht aus wie ein Segelschiff, im Hintergrund die nicht weniger moderne Stadtbibliothek.

Auf Amager befindet sich auch die Vor Frelsers Kirke (Kirche des Göttlichen Erlösers). Sie hat einen auffälligen Turm mit einer goldenen Spirale, auf der man tatsächlich nach oben laufen kann. Das ist kostenlos, ich habe jedenfalls keine Kasse gesehen. Deswegen war da eine extrem lange Schlange, die allem Anschein nach von oben im Turm bis nach draußen vor die Kirche reichte. Auch wenn mich  solch außergewöhnliche Aussichtstürme eigentlich wie magisch anziehen - nein danke, wir wollten heute eigentlich schon noch etwas anderes machen als nur Schlange stehen.

Von innen ist die Kirche vielleicht nicht so eindrucksvoll wie die Frederikskirke, dafür aber viel ruhiger und angenehmer. Die Orgel wird von Elefanten getragen.

Noch außergewöhnlicher ist der Turm der Börse: Er besteht aus geringelten Drachenschwänzen. In Film 6 lässt die Olsenbande dort 100 Ballons los, um den Bandenmitgliedern unten am Fluss ein Signal zu geben.

Zurück ans andere Ufer. Hier steht noch ein skurriler Turm, und den habe ich diesmal wirklich bestiegen. Der Rundetårn (Runde Turm) hat oben ein altes astronomisches Observatorium.

Dort hinauf führt keine Treppe, sondern eine lange Rampe, die auch Autos, Pferdekutschen (die fuhren hier wirklich), Fahrrädern (nicht erlaubt) und diesen Fahrradanhänger-Kinderwagen (die fahren hier wirklich) genug Platz bietet.

Das Kaufhaus namens Magasin du Nord spielt eine zentrale Rolle in Teil 11 der Olsenbande (der damit endet, dass Dänemark aus der Europäischen Gemeinschaft ausgeschlossen wird). Ich war ziemlich überrascht, dass es wirklich existiert und die Filmemacher nicht verklagt hat. Immerhin kommt es im Film nicht gerade gut weg.

Kopenhagen gilt ja als die Fahrradstadt schlechthin, weil es an allen großen Straßen einen guten Radweg gibt. Auch die Ampelschaltungen sind angeblich auf Fährräder ausgelegt, wir hatten trotzdem öfter mal rot. Vielleicht waren wir zu langsam mit unseren schweren Taschen. Auf jeden Fall kommt man hier im Alltag sicher schnell durch die Stadt. Im Großraum Kopenhagen fahren mehr Menschen mit dem Rad zur Arbeit als in den ganzen USA.
Ganz anders sieht es in der Fahrradstadt aus, wenn man ein Ziel in einer kleinen Nebenstraße ansteuert (zum Beispiel die Fredrikskirche). Da steckt man wie gewohnt zwischen zahlreichen Autos fest, die ungeduldig werden und eng überholen.
Am zentralen Rathausplatz befinden sich das Hans-Christian-Andersen Museum, hier beginnt die längste Einkaufsstraße Europas und hier steht das Rathaus mit einem großen Turm und einer Uhr mit goldenen Zeigern.
Im 10. Teil der Olsenbande wird Egan Olsen an diese Uhr gebunden, damit er Informationen verrät, ansonsten stößt ihn der große Zeiger runter. In Wahrheit ist die Uhr aber zu klein für so etwas, sie wurde im Filmstudio in größerem Maßstab nachgebaut - vom Enkel des Schmieds, der die Originaluhr gebaut hat. Der hatte noch die Entwürfe seines Opas.

Von innen sieht das Rathaus noch prächtiger aus. Es erinnert ein wenig an Stralsund. Dort stand eine Ausstellung mit Bildern herum. Einige waren offenbar von Kindern gemalt, andere waren richtige Gemälde. Was genau das Thema oder der Zusammenhang der Ausstellung war, hat sich mir nicht erschlossen.
Wer den Turm hinaufsteigen will, wird nur mit einer Gruppe und einem Führer zu einer bestimmten Uhrzeit hinaufgelassen.

Oben auf dem Turm befindet sich im 10. Olsenbandenfilm das noble Büro des beratenden Ingenieurs Bang-Johansen. In Wirklichkeit ist da aber nur eine sehr zugige, nicht besonders noble Aussichtsplattform. Dort bietet sich ein toller Blick auf die Stadt. Auch die Öresundbrücke konnte ich in der Ferne sehen.

Gleich neben dem Rathausplatz erstrecken sich der Hauptbahnhof und der Tivoli. Das ist ein Freizeitpark, an dem einige Dinge sehr außergewöhnlich sind. Zum einen ist er sehr alt, er wurde schon 1843 eröffnet, nachdem der König seinem Offizier Georg Carstensen einen Teil der früheren Wallanlagen überlassen hatte. Im Tivoli kam Walt Disney angeblich auf die Idee zu Disneyland.
Der Park hat ein sehr, sehr merkwürdiges Eintrittssystem. Ich kenne das so, dass man entweder für jedes Fahrgeschäft einzeln oder für den ganzen Park Eintritt zahlt. Im Tivoli zahlt man aber für beides: Einen Basiseintritt und für jede einzelne Fahrt, oder einen Basiseintritt und für ein All-Inklusive-Ticket zum endlosen Fahren. Naja, dachte ich mir, so teuer sind die Einzelfahrten ja jetzt nicht, dass sich das All-inklusive lohnen würde. Blöderweise hatte ich die Information auf der Website missverstanden. Man bekam bei der Achterbahn nicht 3 Fahrten für 30 Kronen, sondern man brauchte für eine Fahrt 3 Tickets, die je 30 Kronen kosten. Damit kostet eine Fahrt über 10 Euro.
Diese dämonisch teure rote Achterbahn (im Hintergrund) heißt Dæmonen.

Die Achterbahn hat keinen Boden, die Füße baumeln in der Luft.
Eine andere Besonderheit des Tivoli ist, dass er wirklich mitten in der Stadt liegt. Selbst der Wiener Prater ist längst nicht so zentral. Ich bin im Sonnenuntergang direkt neben den historischen Dächern der Stadt Achterbahn gefahren. Das ist schon ein besonderes Erlebnis.

Die andere große Achterbahn heißt Rutschebanen. (Das ist einfach nur das dänische Wort für Achterbahn.) Sie besteht aus Holz, ist über 100 Jahre alt und rattert, rast und rumpelt durch einen großen künstlichen Berg auf und ab.

Eine Wasserbahn führt mitten durch einen Wasserfall, der uns bis auf die Knochen durchnässt hätte - wenn er nicht eine Projektion wäre. Wie auf dem Foto unschwer zu erkennen ist, haben wir das nicht erkannt.

In den Olsenbande-Filmen arbeitet in diesem Gebäude der zynische Kriminalkomissar Jensen, und tatsächlich ist das Gebäude mit dem goldenen Stern bis heute eine Polizeiwache. Es ist nicht mehr grün, sondern grau.

Der Radweg führt beim Hauptbahnhof über eine Brücke auf die andere Seite nach Amager.

Von nun an sind wir auf dem Radfernweg Berlin-Kopenhagen unterwegs. Die Entfernung nach Berlin ist schon mal angegeben. Hm, das ist noch ein ganz schönes Stück.
Wir folgen den roten Nummern 6, 7, 8 und 9 auf den Schildern.

Hier geht es zwischen hochmodernen Wohn- und Bürogebäuden hindurch. Ein Wohnhaus hatte sogar einen eigenen Strand. Wir hatten ziemlichen Hunger, doch die Restaurants waren leider noch geschlossen.

Später ist der Weg nicht mehr asphaltiert und die modernen Häuser beschränken sich auf das andere Ufer. Insgesamt war dieser Weg in die Stadt trotzdem sehr komfortabel, das kleine Stück Natur und Kies ist eine nette Abwechslung. Wir sind die Strecke mehrmals gefahren und das ging immer richtig schnell.

Auf Amager erhebt sich dieses ungewöhnliche Hotelgebäude. Das war uns jedoch eine Preisklasse zu hoch, wir schliefen lieber im Hostel nebenan. Am nächsten Tag besichtigten wir Kopenhagen mit dem Fahrrad, bevor wir abermals nach Süden fuhren.

Und hier noch ein kleiner Tipp für ein glückliches Leben: Finde jemanden, der dich so anlächelt wie eine dänische Steckdose.

Noch weiter unten beginnt ein großer hellgrüner Wald mit vielen Birken, Sumpf und Schilf. Nach unserem Kopenhagen-Tag sind wir dorthin abgebogen.

In Dänemark ist wildes Zelten verboten und wird, besonders am Strand, mit hohen Geldbußen bestraft. Als Ausgleich dafür, dass er nicht wie in Schweden ein Jedermannsrecht zum wilden Zelten gewährt, hat der Staat sich etwas anderes ausgedacht: Ausgewiesene Wälder, in denen frei gezeltet werden kann. Einige davon haben auch Feuerstellen und Holzhütten, die auf einer Seite geöffnet sind. Man kann sie im Internet kostenlos buchen (die Buchung interessiert vor Ort aber niemanden).
Ich hatte solch eine Hütte namens Sneppen hinter Kopenhagen gebucht. Sie wirkte ein bisschen heruntergekommen, dafür hatte sie aber ein phantastisches Panorama. Über eine Weide konnten wir die Wolkenkratzer von Kastrup sehen, wo ständig Flugzeuge starteten und landeten.
Was eigentlich abzusehen war: In der Hütte lebte ein Obdachloser. Wir schlugen dann doch lieber unser Zelt nebenan auf. Später kamen noch zwei andere Tourenradler, die nicht so zimperlich waren und sich einfach neben den Obdachlosen legten.

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